Baden-Powell

Das Leben von Robert Stevenson Smyth Baden-Powell, Lord of Gilwell

B.P., wie der Gründer der Pfadfinder später genannt wurde, hatte viele Spitznamen, z.B.: Katankya – der Mann mit dem breiten Hut, Larkwei – der Mann mit dem hocherhobenem Kopf, Impeesa – der Wolf, der nie schläft und den Namen Scherlock Holmes. Doch von seinen Neidern bekam er auch viele Schimpfnamen, wie Protektionskind, Prahlhans oder Rattenfänger.

Kindheit und Jugend

B.P. kam am 22.2.1857 zur Welt und wuchs wohlbehütet in einem feinen Londoner Viertel auf. Als er 3 Jahre alt war, starb sein Vater (Professor für Theologie und Geometrie an der Universität Oxford). Nun übernahm sein Großvater Admiral Smyth die Rolle des Erziehers. Zu zweit gingen sie auf Streifzüge in den Londoner Hyde Park, Londons größte Parkanlage. B.P. machte es besonders Spaß, Tierspuren zu verfolgen oder Tiere aus Verstecken zu beobachten. Erstaunlich, was er für sein Alter alles herausfand, z.B. stellte er fest, dass die Frösche vor Anbruch einer Schönwetterperiode nur abends quaken und fortan überraschte er seinen Großvater mit verlässlichen Wettervorhersagen. Auch fertigten sie Karten des „Großstadtdschungels“ an und seinem Großvater fiel B.P.´s erstaunliches Zeichentalent auf.

Als sein Großvater im Jahre 1865 starb, ging B.P. alleine auf Streifzüge, doch nicht nur in den vertrauten Hyde Park, sondern in eine für ihn völlig fremde Welt: den Londoner Slums. Dort wurde er zum ersten Mal mit dem Elend konfrontiert, von dem er bis jetzt fern gehalten wurde. Er erkannte, dass sich die Bewohner der Slums am stärksten durch ihre Kleidung von den reichen Leuten unterscheiden. Dies wollte der 8-jährige B.P. später einmal ändern, er wollte den Gegensatz von reich und arm abschaffen. So schrieb er „Das Gesetz für die Zeit wenn ich einmal älter bin“. Darin heißt es: „Ich werde dafür sorgen, dass die Armen genauso reich sein werden wie wir…. Man soll Gott täglich darum bitten, so oft man kann. Aber beten allein nützt nichts, man muss das Gute auch tun.“ Dieses Vorhaben war wohl einer der wichtigsten Gründe, die ihn für die Einführung der Kluft bei den Pfadfindern bewegt hatten.

Mit 9 Jahren kam B.P. auf die Grafschaft Kent zu den Verwandten seines Vaters. Dort sollte ihm ein Pfarrer, gemäß den Gepflogenheiten der Baden-Polwells, lesen, schreiben und rechnen lehnen. Außerhalb der Schulzeit streifte B.P. allein oder mit Freunden in den Hügeln, Felsen und Wäldern der Grafschaft herum. In den Ferien unternahm er mit seinen bedeutend älteren Brüdern Bootsfahrten und übernahm bald erfolgreich die Führung mit Karte und Kompass.

Mit 13 Jahre bekommt er über Beziehungen seiner Mutter den heiß ersehnten Studienplatz am Charterhouse-College. Doch er lehnt ab, er meint: „…Ich will nichts mit Beziehungen erreichen. Ich will einen Studienplatz durch eigene Leistung bekommen…“ So versucht er an einem anderen hoch angesehenen College die Prüfung, besteht diese und geht schließlich doch auf das Charterhouse-College. Dort wird jedem Schüler ein etwas älteren „Fagmaster“ zugewiesen, der für seinen Schützling die Verantwortung übernimmt und ihm bei Schwierigkeiten hilft. B.P.´s Fagmaster wird bald für ihn zum Vorbild, doch auch dieser lernt von ihm.

Um die Schule herum ist großer, verwilderter Park, der nun zu B.P.´s Jagdgründen wird. Dort lernt er viele Dinge, die ihm später in Indien und dann in Afrika zugute kommen. In der Schule entwickelte er seine herausragende Theaterleidenschaft.

Im Jahre 1876, er war damals 19, besteht er die Abschlussprüfung mit Ach und Krach, die Aufnahmeprüfung an der angesehensten Militärakademie in England besteht er jedoch als Zweitbester und wird auf seinen Wunsch sofort nach Indien verlegt.

Abenteuer und Erfahrung

Am 6 Dezember 1871 kommt B.P. in Bombay an, von wo er sofort nach Lucknow weiterreist. Er ist überwältigt von den vielen unbekannten Eindrücken. Nach einer 12-tägigen Zugreise erreicht er Lucknow. Schon kurz nach seiner Ankunft in der Garnison beginnt der Offizierslehrgang, der 8 Monate dauerte. Die Ausbildung umfasst: Exerzieren, Schießtraining, Nahkampf, Überleben in der Natur, Signalisieren, Taktik, Ballistik und – was B.P. am liebsten war – Kundschafterwesen. Doch schon bald merkte er, dass es Meister in diesen Bereich gab, die ihm trotz seines Könnens haushoch überlegen waren. Nachdem sie einmal mit Hilfe eines jungen Einheimischen, der fließend Englisch sprach, einen vermissten Soldat wiederfanden, beschließt B.P., die indische Sprache zu lernen. Er unternimmt nun Streifzüge in die Viertel der Einheimischen und merkt bald, dass diese auf einmal freundlicher und zugänglicher sind. So lernt er das Leben und die Kultur der Inder kennen und schätzen. Doch dabei belässt er es nicht, er ermuntert englische und indische Kinder zum gemeinsamen Spiel und beobachtet, wie sie trotz ihrer unterschiedlichen Sprachen ausgelassen, ohne große Verständigungsschwierigkeiten, miteinander spielen.

Im Lager gründet er erfolgreich eine Theatergruppe um die Langeweile der Soldaten zu bekämpfen. Er wird so bald zu einem bekannten und gern gesehenen Mann der Garnison.

Als Leutnant muss B.P. aber auch vor allem Soldaten ausbilden. Dies macht er zunächst – wie üblich – für alle 40 Mann gleichzeitig. Ihm fällt jedoch bald auf, dass sich so die Initiative des Einzelnes nur sehr schwer wecken lässt. So teilte er die Kompanie in Kleingruppen, die Patrouillen ein, geführt jeweils von zwei besonders fähigen Patrouillenleitern. Der Erfolg seines Systems ist überzeugend. Noch heute ist das System der kleinen Gruppe die pädagogische Keimzelle der Pfadfinderei. Sein Erfolg ist so groß, dass er schließlich den Auftrag erhält, 25 Mann des 13. Husarenregiment als Kundschafter auszubilden, die er von nun an Scouts nennt. Seine Erfahrungen schreibt er in dem Buch „Nachrichtendienst und Kundschafterwesen“ nieder, das wenig später als Richtlinie für einen geprüften Scout dient.

Während einer Schlacht stirbt 1885 ein Zulu-Mädchen in B.P.´s Händen an einem Bauchschuss. Da er sie wegen seiner mangelnden 1. Hilfe-Kenntnisse nicht retten konnte macht er sich große Vorwürfe. So fordert er mit Erfolg, dass alle Soldaten der britischen Arme einen Erste Hilfe-Kurs absolvieren müsse.

Als Bei einem Auftrag an Afrikas Goldküste in Zusammenarbeit mit den einheimischen Ashantis fallen BP (inzwischen 39 Jahre alt) einige besonders Fachkundige unter ihnen auf, die sich unter anderem auch immer mit der linken Hand begrüßen. Sie sind Mitglieder der Krobos. Jeder von ihnen wurde ab dem Beginn des 10. Lebensjahres speziell in Kundschafterwesen, Nachrichtenübermittlung, Medizin, Orientierung und anderen Waldläuferkünsten ausgebildet. Ihre Methoden gleichen zwar denen der britischen Scouts, doch sind sie ihnen weit überlegen. Bei ihnen lernt BP viel für die Pfadfinderei.

Bei einem Heimaturlaub (1896) schreibt B.P. das Buch „Aids for Scouting“. Es soll eine überholte Ausgabe seines ersten Buches sein.

Am 14. Juli 1899 bricht in Afrika der Burenkrieg aus. B.P. wird sofort nach Afrika versetzt. Als weit bekannter und erfolgreicher Offizier soll er die Stadt Mafeking gegen eine große Übermacht verteidigen. Mit viel Geschick, ausgefallenen Täuschungsmanövern (Strohpuppen in den Schützengräben, fiktiven Stolperdrähten) und allerlei anderen Tricks schafft es B.P. die Gegner hinzuhalten bis schließlich die lang versprochene Verstärkung ankommt – die Stadt ist gerettet. Währenddessen ist das Buch „Aids for Scouting“ in England Jugendbestseller geworden. Jugendliche ziehen mit seinem „Militärbuch“ als Anleitung mit Karte und Kompass los und spielen Pfadfinder.

Die Gründung der Pfadfinderbewegung

Zuerst tief erschrocken, glaubt B.P. dann doch, den Schlüssel gefunden zu haben, wie er Jugendliche begeistern kann. Er ist überzeugt, dass er bei den Jugendlichen, die noch weitgehend frei von Vorurteilen sind, anfangen muss, um die Gegensätze von Rasse, Religion, Nation und Reichtum abzubauen.

B.P. fängt sofort an. Er erinnert sich an sein „Das Gesetz für die Zeit wenn ich einmal älter bin“, so entwickelte er als erstes die Kluft, die die weltweite Zusammengehörigkeit der Pfadfinder darstellen soll. Zudem führt er die Lilie mit dem Wahlspruch „be prepared“ – „Allzeit bereit“ und das Pfadfindergesetz ein. Als Beitrag zur Völkerverständigung, so überlegte er sich weiter, sollen die Pfadfinder viele Auslandfahrten machen und alle vier Jahre soll ein großes Weltpfadfindertreffen stattfinden – das Jamboree. Damit sich die Jugendlichen nicht mehr nach dem alten Buch richten, will er ein neues schreiben: „Scouting for Boys“.

Mit 43 Jahren wird B.P. wegen seinen außerordentlichen Taten zum Generalmajor befördert. 1907 kann er sich vom Militärdienst befreien und plant sofort das erste Pfadfinderlager. Schon am 15. Juli 1907 machen sich 22 Jungen aus allen Gesellschaftsschichten zur Brownsea-Island auf. Dort bildet B.P. sie mit seinem System der kleinen Gruppe als Jungpfadfinder aus, so dass sie am 9. August mit dem Pfadfinderversprechen braungebrannt und aufgeladen mit Selbstbewusstsein wieder zurückkehren. 1908 erscheint schließlich sein neues Buch „Scouting for Boys“, das über Nacht zum Bestseller wird. 1909 trifft BP auf chilenische Pfadfinder. Er nimmt ihnen das Pfadfinderversprechen ab und erklärte sie zu Gründungsmitgliedern der ersten Pfadfindergruppe außerhalb Englands. Im gleichen Jahr veranstaltet er zwei große Pfadfinderlager und ein Pfadfindertreffen im Londoner Crystalpalast mit 11000 Teilnehmer, dort trifft er auch mit großer Verwunderung auf die ersten Girl Scouts.

B. P. geht im Mai 1910 in Pension und widmete sich nun ausschließlich der Jugendarbeit. Am 3. Januar 1912 brich er zu einer Weltreise auf, um die Pfadfinder auf den verschiedensten Kontinenten zu besuchen. Auf einem Schiff begegnet er Olave St. Clair. Die beiden verloben sich sofort und heiraten gleich nach der Rückkehr. 1913 kommt der erste Sohn Peter auf die Welt. B.P. wächst die Arbeit über den Kopf. Nur an Wochenenden kommt er noch heim zu seiner Frau und zum Kind.

1914 bricht der 1. Weltkrieg aus, doch B.P. wird nicht eingezogen und bereitet alles auf das Kriegsende vor, um so schnell wie möglich über die große Bruderschaft der Pfadfinder für eine neue Völkerverständigung zu sorgen.

1919 bekommen die Pfadfinder den Gillwell-Park geschenkt. Dort wird ein Ausbildungszentrum für Scoutmaster eingerichtet. Alle Absolventen des ersten Lehrganges bekommen von B.P. das Woodbadge verliehen, das es auch heute noch gibt. Im Jahre 1920 erfüllt sich endlich B.P.’s Wunsch vom großen Weltpfadfindertreffen: 8000 Pfadis aus 27 Ländern kommen zum ersten Jamboree in die Londoner Olympiahalle. B.P. wir dort zum „Chief Scout of the World“ ausgerufen. Olave Baden-Powell hat in der Zwischenzeit die Bewegung der Pfadfinderinnen übernommen, die ebenso einen unglaublichen Aufschwung erlebt.

Mit 81 Jahren beim 5. Jamboree verabschiedet er sich von den Pfadfindern. Den Kriegsausbruch 1939 erlebte er in Afrika, wo er sich am Ortsrand von Nyeri in Kenia ein Haus gebaut hatte. Den Pfadfindern, die ihn dort besuchten, schärft er ein, sofort nach dem Kriegsende das 6. Jamboree zu veranstalten.

Am 8. Januar 1941 stirbt B.P. Zwei Jahre nach Kriegsende im Jahre 1947 findet in Moisson in Frankreich das 6. Jamboree statt.

Zitate des Gründers der Pfadfinderbewegung